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Es ist der alltägliche Kampf mit den Buchstaben: Für 5–10 % aller Grundschulkinder scheint das Lesenlernen eine scheinbar unüberbrückbare Herausforderung. Sie leiden an Legasthenie, auch Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) genannt. LRS ist eine Entwicklungsstörung im Gehirn, die bis ins Erwachsenalter bestehen bleibt und in allen Ländern und Kulturen mit Schriftsprache auftritt. Seit einigen Jahren gibt es Behandlungsmethoden für LRS. Diese bestehen jedoch aus einem zeitaufwändigen, mehrjährigen Training mit Sprachtherapeuten und Psychologen. Da das Lesen für die moderne Gesellschaft von so grundlegender Bedeutung ist, bleiben Menschen mit LRS sowohl in der Schule als auch im Berufsleben häufig eingeschränkt. Die Gesamtkosten der Legasthenie für die Gesellschaft sind hoch. 
 
Die Entwicklung einer effektiveren Behandlung ist daher dringend erforderlich, wird aber durch das mangelnde Verständnis über die zugrundeliegende Hirnfunktionsstörung behindert. Hoffnung macht diesbezüglich der Forschungsansatz von Neurowissenschaftlerin Katharina von Kriegstein. Mit ihrem Team an der Technischen Universität Dresden hat sie herausgefunden, dass einige der Funktionsstörungen bei LRS in den sensorischen Bahnen liegen könnten. Die sensorischen Bahnen sind Hirnstrukturen, die die Augen und das Ohr mit dem Rest des Gehirns verbinden. Vorher hatten sich Forschende jahrzehntelang darauf konzentriert, LRS durch dysfunktionale Mechanismen in den Sprachzentren des Gehirns zu erklären. 
 
Mit dem neuen Projekt „ReDyslexia“ möchte sie nun auf diesen vielversprechenden Ansätzen aufbauen und die Dysfunktion der sensorischen Bahnen besser verstehen lernen. Dieses Wissen soll dann zur direkten Nutzung für die Diagnose und Behandlung von LRS verwendet werden. 
 
„In ReDyslexia hat sich eine Gruppe von herausragenden Wissenschaflter:innen zusammengefunden, die die Funktion der sensorischen Bahnen bei der LRS vom Tiermodell bis zur Klinik untersuchen werden. Wir wollen Grundlagenforschung mit Studien von Gehirnfunktionen in Kindern und Erwachsenen mit LRS kombinieren. Basierend auf dem grundlegenden neurowissenschaftlichen Verständnis planen wir mit Neurostimulation gezielt die bisherigen Therapieansätze zu unterstützen, um sie effektiver zu gestalten. Ich freue mich riesig, mit so einem tollen Team diese wichtige interdisziplinäre Arbeit machen zu können“, erklärt Neurowissenschaftlerin Katharina von Kriegstein. 
 
Das Projekt wird von ERA-NET NEURON – The Network of European Funding for Neuroscience Research (Europäisches Fördernetzwerk für Neurowissenschaftliche Forschung) für 3 Jahre mit einer Summe von insgesamt 980.439 € gefördert.

Wissenschaftliche Ansprechpartner: 

Katharina von Kriegstein 
Professorin für Kognitive und Klinische Neurowissenschaft 
TU Dresden 
Email: katharina.von_kriegstein@tu-dresden.de 

Quelle: idw-online/Technische Universität Dresden